Heute muss ich ein bisschen Polemik im Netz verbreiten, ich bitte daher schon im Vorfeld um Nachsicht und betone, dass ganz bestimmt nicht alle der genannten Personengruppen so sind, wie von mir hier beschrieben. Meine emotionale Stimmung ist gerade im Ausnahmezustand und daher nicht zu überlegten und absolut gerechten Äußerungen geeignet. ..
Die letzten 12 Monate waren nun nicht wirklich witzig, im positivsten Sinne kann man sie als "äußerst lehrreich" bezeichnen. Und wie gerne und allgemein betont, stärken einen Krisen ja am Ende immer. Ok, demzufolge muss ich inzwischen echt verflixt gestärkt sein.. und ja, in manchen Dingen ist es tatsächlich so.
"Sieh nicht immer alles so negativ" ist ein Satz, der mir bis vor einigen Monaten gerne und häufig an den Kopf geknallt wurde, so lange, bis es mich schon aggressiv gemacht hat und innerlich ganz irre. Ich bin ein Grübler, ein Denker und Zerleger, in allen Einzelheiten muss ich Dinge die mir passieren auseinandernehmen - und - das ist eben das größte Problem daran, ich muss es aussprechen, um es sortiert zu kriegen. Nun konnte allerdings selbst ich nicht so negativ denken, wie das ein oder andere gelaufen ist (vieles lief ja gottseidank positiv) und das mag schon was heißen. Mich noch negativ zu überraschen.
Jetzt kann man sich von Menschen trennen, die einem nicht gut tun. Schwieriger wird es dann mit dem Berufsleben. Seit einem Vierteljahrhundert, langweilig und spießig, bin ich bei dem gleichen Arbeitgeber. Es war nie nur "ein Job", nie ein "nine-to-five"-runterreiß-Ding, sondern echt ein toller Laden, wunderbare Kollegen/innen und es hat immer richtig Spaß gebracht. Es gab viele, viele, viele Veränderungen, Umstruktuierungen etc. Nicht alles schön, nicht immer einfach. Aber es war im Vergleich zu anderen Firmen, immer noch "jammern auf hohem Niveau".
Nun drohten seit Sommer neue Umstruktuierungen, sie wurden teilweise eingeläutet und andere hingen wie dunkle Wolken über uns.
"Denk nicht so negativ" kam nicht selten.
Vor drei Wochen nun der erste Schlag. Harte, heftige, gnadenlose Maßnahmen wurden bekannt gegeben. Wir waren deutschlandweit geschockt. Jetzt hatten sich die Wellen gelegt, ein bisschen Ruhe trat ein, dachte man, das war es jetzt.
Fehlanzeige. 22 Tage vor Weihnachten, unerwartet, von keinem, selbst nicht von MIR Grübler, folgte die zweite Welle. Ohne Vorwarnung, nicht zu sehen, knallte man von hinten in die übriggebliebenen Reihen. Sorry, für meine reißerischen Worte, aber mir fällt nichts anderes dazu ein.
Weinende Kollegen in der Betriebsküche und Fassungslosigkeit überall. Und die Frage, wann kommt der nächste Schlag? Niemand weiß mehr was passiert, keiner. Alle sind sprachlos.
Studierte, promovierte Manager .. die seitenweise Power-Point-Präsentationen an die Wand geworfen haben, die Normalos nur als bunte Bilder mit hübschen Punkten und abertausend Zahlen defnieren können, diese Manager stehen Kaugummikauend da und erzählen? Ja was? Worte ohne Ende. Aber ohne Inhalt.
Und ohne Werte, ohne Menschenwürde und - für mich - ohne Moral werden hier menschliche Existenzen mal eben vom Tisch gefegt. Menschen, die offenbar den großen Fehler gemacht haben, nicht zu studieren (Achtung Polemik) und es nicht "zu was gebracht" haben, außer, einen guten kaufmännischen oder auch technischen Beruf zu lernen und diesen ordentlich abzuliefern.
Selbst dran Schuld? Könnten sich diese Menschen an Weihnachten den Wohlstandsbauch kraulen und ihre Großtaten bewundern, hätten sie was "besseres" gelernt? Könnten sie satt und selbstzufrieden Weihnachten genießen, den nächsten Urlaub planen und ausblenden was anderen jetzt passiert?
Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es - bei allem Verständnis für betriebsbedingte Entscheidungen, die nun mal sein müssen, ja - bei diesen Personen so etwas wie Anstand, Würde, Moral und Werte nicht zu geben scheint.
Mir fehlen noch immer die Worte. Ich bin tatsächlich nur eine langweilige kaufmännische Angestellte und ich war es immer gerne. Mir wars stets klar, dass ich kein Chef sein möchte, das ginge bei mir gar nicht. Und trotzdem hatte ich viele, viele Jahre lang "Menschen" als Vorgesetzte. Und diese waren, man höre und staune, nicht studiert, nicht promoviert, sondern hatten als einfache Angestellte in unserem Laden angefangen. Zufall?
Und so waren auch wir Mitarbeiter Menschen, nicht Zahlen, wir waren Lebewesen mit Hintergrund, mit Gefühlen mit Ängsten und Sorgen, mit Familien und Verpflichtungen. Und ich durfte immer erleben, dass das bei uns zählte. Sehr viel.
Nein, wir sind kein kleiner Laden. Waren wir auch nie. Ja, die Zeiten ändern sich. Ja, Veränderungen gehören dazu. Ja, ich habe keine Ahnung von Betriebswirtschaft.
Aber ich habe Ahnung von Menschlichkeit, von Vertrauen und von Würde. Plump, auch von Anstand.
Das was meine Kollegen/innen und ich jetzt erleben, hat nichts damit zu tun. Ganz kindisch gesagt, "das macht man einfach nicht". Punkt.
Drei Wochen lang in Sicherheit wiegen um dann ahnungslose Kollegen zum Gespräch zu bitten. Die an alles denken, nur nicht, dass nachgeladen wird. Nach der ersten Welle im "Totalen", folgen die Einzelschüsse.
Freunde - das Jahr 2014 kann ich in mein Geschichtsbuch schreiben. Das braucht niemand.
Und wenn mir nochmal einer sagt, "denk nicht so negativ"; der wird es leider, leider, leider, nicht überleben ..